In den ersten beiden K.-o.-Runden werden vier südamerikanische Achtelfinalisten in drei direkten Duellen zu einem einzigen Teilnehmer an der Vorschlussrunde eingedampft: Nachdem am vergangenen Sonnabend zunächst die jeweiligen Favoriten aus Brasilien und Kolumbien die Oberhand behielten, müssen diese nun am Freitagabend (22:00 Uhr MESZ) in einem kleinen kontinentalen Finale den zweiten Halbfinalisten der Weltmeisterschaft ermitteln. Vor dem Duell in Fortaleza befindet sich jedoch erstaunlicherweise nicht der gastgebende Titelanwärter im Höhenflug – während sich die Selecao regelrecht unter die besten acht Turnier-Mannschaften zitterte, waren zuletzt allein die konkurrierenden Cafeteros mit leichtfüßigen Vorstellungen in Erscheinung getreten.
Kolumbien ist bislang nicht zu stoppen
Werden die bisherigen Endrunden-Auftritte in einer übersichtlichen – wenn auch nur bedingt aussagekräftigen – Tabelle zusammengefasst, finden sich die Kolumbianer einigermaßen überraschend auf dem Platz an der Sonne wieder: Mit der tadellosen Bilanz von vier Siegen und einem gigantischen Torverhältnis von 11:1 nimmt es die Mannschaft von Jose Pekerman selbst mit dem in der Vorrunde teilweise so furios stürmenden Team aus den Niederlanden spielend auf. Und wenngleich die Elftal in der Vorrundengruppe sicherlich die etwas schwierigeren Aufgaben zu lösen hatte, war fraglos auch den Südamerikanern nicht bloß Laufkundschaft begegnet: Setzten sich diese zunächst gegen Südkorea, die Elfenbeinküste und der Überraschungs-Achtelfinalisten aus Griechenland problemlos durch, wurde dann mit Uruguay auch der WM-Vierte von Südafrika ohne größere Mühe nass gemacht.
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*Ergebnis nach der regulären Spielzeit
Nach vier geschlagenen Schlachten fällt es somit einigermaßen schwer, bei den Kolumbianern nennenswerte Schwachstellen auszumachen: Während die Defensivabteilung mit nur einem Gegentreffer in 360 Turnier-Minuten den hervorragenden Eindruck aus der Qualifikation bestätigte, als die Cafeteros gleichfalls das solideste Bollwerk aller südamerikanischen WM-Bewerber stellte, legte die Offensive selbst in Abwesenheit von Superstar Falcao offenbar noch einmal ein bis zwei Schippen drauf. Insbesondere James Rodriguez hat das unfreiwillige Fehlen des etatmäßigen Torjägers für Werbung in eigener Sache zu Nutzen gewusst. Mit fünf Treffen und zwei weiteren Tor-Vorlagen dürfte der 22-Jährige bislang fraglos zu den wertvollsten Spielern der Endrunde zu zählen sein.
Die Selecao strapaziert das Glück
Im Viertelfinale darf sich James nun in einem indirekten Duell mit einem zuvor ungleich prominenteren Hoffnungsträger messen, der für seine Mannschaft im bisherigen WM-Verlauf gleichfalls als eine Art Lebensversicherung in Erscheinung trat: Hätte Neymar mit seinen vier Vorrunden-Treffer den schwerfälligen brasilianischen Riesen nämlich nicht in Gang gebracht, wäre das Turnier für den Rekordweltmeister möglicherweise bereits zu einem peinlich frühen Zeitpunkt beendet gewesen. Wie abhängig die Selecao von ihrem Heilsbringer ist, wird allerdings am deutlichsten, wenn der Stürmer des FC Barcelona ausnahmsweise einmal seine Torerfolge schuldig bleibt – als es Neymar am nötigen Zielwasser fehlen ließ, kam Brasilien weder gegen Mexiko noch gegen Chile über ein enttäuschendes Unentschieden hinaus.
Da aber zumindest im Achtelfinale gegen die „Roja“ auf Biegen und Brechen ein Sieger gefunden werden musste, steuerte Neymar dann im Elfmeterschießen doch noch seinen Anteil zum Aufstieg der Selecao bei: Angesichts der ausgesprochen dürftigen Leistung ihrer Mannschaft mussten sich die Brasilianer aber selbst im Moment der großen Erleichterung eingestehen, dass man sich in den bestenfalls noch ausstehenden drei Partien nicht immer derart schicksalsergeben auf die Glücksgöttin Fortuna verlassen kann. Schließlich hatten die verständlicherweise zu Tode betrübten Chilenen einmal mehr aufgezeigt, dass sich der Top-Favorit allenfalls in einer mittelmäßigen Verfassung befindet – ein erheblicher Makel, der gewiss auch den bislang so überzeugenden Kolumbianern nicht entgangen ist.
Enge Duelle in der Vergangenheit
Waren die Brasilianer nach der mäßigen Vorrunde bereits den in der Vergangenheit stets bezwungenen Chilenen mit einem beinahe schon unbotmäßigen Respekt begegnet, kann die Selecao nun vor dem Vergleich mit den Cafeteros nicht einmal aus den früheren Duellen nennenswertes Selbstvertrauen beziehen: Angesichts von vier Unentschieden in Serie, zeigten sich die Kolumbianer dem Rekordweltmeister schließlich selbst in jenen Momenten gewachsen, als der Mannschaft von Felipe Scolari nicht der unbändige Erwartungsdruck der eigenen Anhänger auf der Seele gelastet hatte. Folglich wird sich der Gastgeber in Fortaleza erheblich steigern müssen, um das Viertelfinale zu überstehen – allerdings bekommt es auch der Gegner fraglos mit seiner bislang schwierigsten Aufgabe bei der WM-Endrunde zu tun.
Die Wettanbieter vertrauen den Gastgebern
Zumindest die Wettanbieter sind überzeugt davon, dass die Cafeteros mit ihren bisherigen Prüfungen nur unzureichend auf die nunmehrige Bewährungsprobe vorbereitet wurden: Während sich die Brasilianer bereits in etlichen Stahlbädern stärken durften, haben sich die Kolumbianer möglicherweise ohne eigenes Verschulden gegen zu leichtgewichtigere Gegner ins Abseits getanzt. Entsprechend gehen die Buchmacher von einer überraschend deutlichen Überlegenheit der Selecao im Viertelfinale aus – trägt der Herausforderer dagegen auch bei seinem fünften Turnier-Auftritt den Sieg davon, kann beinahe schon mit der Rückzahlung des 5-fachen Einsatzes gerechnet werden.
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