Mit dem verdienten 1:0-Erfolg über den letztlich doch gestrauchelten Geheimfavoriten aus Belgien hat sich die argentinische Auswahl erstmals seit 24 Jahren wieder für ein weltmeisterliches Halbfinale qualifiziert: Da die Albiceleste in der Vergangenheit jedoch auf alle vier absolvierten Semifinals kurz darauf auch die Teilnahme am Endspiel folgen ließ, soll der Weg in Brasilien für Lionel Messsi & Co nun natürlich noch lange nicht zu Ende gehen. Allerdings weiß der Gegner aus den Niederlanden ebenfalls, wie man sich in der Vorschlussrunde vielversprechend präsentiert: Immerhin setzte sich die Elftal zuletzt vor vier Jahren in eben jener Runde angemessen souverän gegen die Celeste aus Uruguay durch.
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*Ergebnis nach der regulären Spielzeit
Van Gaals Trickkiste scheint unerschöpflich
Zwar hatten die Holländer bei der WM 1998 auch schon einmal eine Halbfinal-Niederlage zu beklagen; angesichts des jeweiligen Final-Einzugs bei den Turnieren 1974, 1978 und 2010 fällt die Bilanz für die Oranjes trotz allem ziemlich vielversprechend aus. Folglich könnte so mancher niederländischer Spieler in Sao Paolo gedanklich längst damit beschäftigt sein, endlich das schmerzhafte Titeltrauma zu überwinden – während die Hürden in der vorletzten Runde nämlich fast immer zu überspringen waren, denkt im Land der Tulpen niemand gern an die stets verlorenen Finalspiele zurück.
Allerdings wurde der Elftal bereits in den bisherigen K.-o.-Spielen deutlich vor Augen geführt, dass man den zweiten Schritt besser nicht vor dem ersten vollführen sollte: Schien es die Mannschaft von Louis van Gaal nach der schweren Vorrunde mit den weiteren Gegnern aus Mexiko und Costa Rica zunächst besonders dankbar getroffen zu haben, schrammte das Team dann sowohl im Achtel- als auch im Viertelfinale nur haarscharf an der großen Depression vorbei. Wurde gegen „El Tri“ per späten Doppelschlag eine fast schon akzeptierte Niederlage doch noch umgebogen, musste zuletzt gegen die Sensationself aus Lateinamerika sogar zum Elfmeterschießen geschritten werden: Folglich ist es eher der Nervenstärke denn der erhofften Dominanz geschuldet, dass der amtierende Vize-Weltmeister weiterhin im Kampf um den Titel vertreten ist.
Abgesehen von der robusten physischen und psychischen Konstitution konnte die Elftal zudem auf das goldene Händchen des Bondscoachs bauen, der bislang noch in jeder kritischen Situation die passende Stellschraube zu fassen bekam: Wechselte van Gaal gegen die Mexikaner in ungemütlicher Lage den zuvor komplett vernachlässigten Huntelaar als Matchwinner ein, brach er den aufopferungsvoll kämpfenden Costa Ricanern dann mit dem erst unmittelbar vor dem Elfmeterschießen eingewechselten Elfer-Killer Tim Crul das Genick. Nach dem Ziehen derart wirkungsmächtiger Register darf gespannt darauf gewartet werden, welche Zaubertricks der frühere Bayern-Coach nun beim Halbfinale in der Hinterhand verbirgt – immerhin ist fest damit zu rechnen, dass der 62-Jährige längst noch nicht seine ganze Munition verschossen hat.
Alles hängt an Messi
Waren die bisherigen Auftritte der Holländer allzu oft von Überfall-Taktiken und Überraschungsmomenten geprägt, scheinen die Argentinier eine gänzlich entgegengesetzte Spielphilosophie zu vertreten: Schließlich zeichnet sich die Albiceleste bei der Endrunde in Brasilien vor allem durch ihre unaufgeregten und größtenteils berechenbaren Vorstellungen aus. Da sich der einzigartige Messi endlich auch einmal bei einem großen Turnier in exzellenter Verfassung befindet, kann sich das Team damit begnügen, immer und immer wieder den Kapitän ins Spiel zu bringen – denn selbst wenn es bisweilen ein wenig länger dauerte, konnte der vierfache Weltfußballer bislang doch stets irgendwann mit dem entscheidenden Geniestreich dienen.
Momentan bekommen gerade die brasilianischen Nachbarn schmerzhaft zu spüren, dass sich die Abhängigkeit von einem einzigen Fixpunkt schnell als fatal erweisen kann: Weil sich Messi im Gegensatz zu dem bedauernswerten Neymar jedoch noch immer bester Gesundheit erfreut, sollte nun im Halbfinale der nächsten One-Man-Show nichts im Wege stehen. In jedem Falle dürfte kaum davon auszugehen, dass sich die Verantwortung künftig doch noch auf zahlreichere Schultern verteilen wird – da mit Aguero und die Maria mutmaßlich gleich zwei offensive Kollegen passen müssen, wird sich „La Pugla“ nun gegen die Holländer mehr denn je als Dreh- und Angelpunkt des argentinischen Angriffsspiels erweisen.
Zwar zeigt schon die aktuelle Trefferquote (Argentinien: 8, Niederlande: 12), dass die alleinige Konzentration auf einen Alleskönner durchaus ihre Schwächen hat: Angesichts der zu erwartenden Heimspiel-Atmosphäre in Sao Paolo und des deutlich kräfteschonender absolvierten Viertelfinales gehen die Wettanbieter nun am Mittwochabend nichtsdestotrotz von leichten Vorteilen für die Weiß-Himmelblauen aus. Die minimale Favoritenstellung der Albiceleste könnte allerdings auch ebenso gut dem europäischen Herausforderer in die Karten spielen: Immerhin hatte die Elftal schon beim 5:1 über Spanien davon profitiert, dass sich vor allem der stärker erwartete Gegner in der Bringschuld befand.
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